FWU – Stellungnahme zum Informationsfreiheitsgesetz

Wien, 20. 4. 2021

fwuDie Schaffung eines neuen und umfassenden Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) wird vom Forum Wissenschaft & Umwelt grundsätzlich begrüßt. Österreich hätte die Chance, sich damit in die Gesellschaft vieler anderer EU-Staaten zu begeben, die Transparenz und Offenheit staatlicher Verwaltung Tag täglich vorleben. Es soll ein Paradigmenwechsel vom Grundsatz des Amtsgeheimnisses zum Grundsatz der Informationsfreiheit stattfinden, die Geheimhaltung soll bloße Ausnahme sein.

Der vorliegende Begutachtungsentwurf wird den Anforderungen an eine moderne, transparente und nachvollziehbare Verwaltung leider nicht gerecht: Das Amtsgeheimnis weicht nur rein begrifflich der Geheimhaltung. Eine grundlegende Änderung der Amtsverschwiegenheits-Kultur in Österreich kann damit nicht erwartet werden.

Der vorliegende Begutachtungsentwurf ist unzureichend und daher zusammenfassend abzulehnen. Einerseits sieht er eigenartig anmutende Änderungen wie die Beschränkung des Interpellationsrechtes oder die Einführung eines Sondervotums vor, die nur schwer mit Informationsfreiheit zu erklären sind. Der vorliegende Entwurf des IFG erfüllt ganz grundsätzliche Zielsetzungen wie den umfassenden, niederschwelligen Zugang zu Information nicht bzw. nur unzureichend. Auf die Einführung wichtiger Instrumente wie des Informationsfreiheitsbeauftragen wurde verzichtet, während im Gegenzug unüblich viele, die Informationsfreiheit zügelnde Bestimmungen aufgenommen wurden. Das Gesetz kann daher der noblen Zielsetzung der umfassenden Transparenz leider nicht gerecht werden.


An das
Bundeskanzleramt
BKA – V (Verfassungsdienst)
Per Mail: verfassungsdienst@bka.gv.at
In cc an : begutachtungsverfahren@parlament.gv.at

Stellungnahme zum Ministerialentwurf betreffend Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Rechnungshofgesetz 1948 und das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 geändert und ein Informationsfreiheitsgesetz erlassen werden soll

Sehr geehrte Damen und Herren,
Das Forum Wissenschaft & Umwelt (FWU) bedankt sich für die Möglichkeit, zum vorliegenden Begutachtungsentwurf Stellung nehmen zu dürfen.

I. Allgemeines
Die Abschaffung der Amtsverschwiegenheit und die Gewährleistung von Transparenz staatlichen Handelns in Österreich wäre ein richtiger, wichtiger und längst überfälliger Schritt. Es soll ein Paradigmenwechsel vom Grundsatz des Amtsgeheimnisses zum Grundsatz der Informationsfreiheit stattfinden, die Geheimhaltung soll bloße Ausnahme sein. Die Schaffung eines neuen und umfassenden Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) wird daher grundsätzlich begrüßt. Österreich hätte die Chance, sich damit in die Gesellschaft vieler anderer EUStaaten zu begeben, die Transparenz und Offenheit staatlicher Verwaltung tagtäglich vorleben.

Der vorliegende Begutachtungsentwurf wird den Anforderungen an eine moderne, transparente und nachvollziehbare Verwaltung leider nicht gerecht.

Wer einigermaßen die Praxis und die damit verbundenen Interessenabwägungen nach den derzeit bestehenden Auskunftspflichtgesetzen des Bundes und der Länder kennt, bei dem muss starke Skepsis bei der Lektüre des  Ministerialentwurfes (95/ME XXVII. GP) aufkommen: Sowohl die verfassungsrechtlichen, aber auch die einfachgesetzlichen Regelungen sind höchst komplex mit vielen unbestimmten, vagen Begriffen und Formulierungen. Transparenz für den Bürger ist schwer zu erkennen. Rechtsklarheit und Rechtssicherheit werden nicht gefördert.

Die angestrebte grundsätzliche Informationsfreiheit erfährt derart viele Ausnahmen, dass Geheimhaltung noch immer – abhängig freilich auch noch vom konkreten Vollzug – die Regel sein wird.

Insbesondere die generalklauselhafte offene Interessenabwägung (siehe näher unten) lässt (fast) jede Entscheidung zu. Zumindest müsste es auf „rechtlich geschützte“ Interessen ankommen, wobei auch das jeweilige Gewicht des Schutzes normativ – soweit möglich – erkennbar sein müsste.

Die Beweislast für das Vorliegen einer Ausnahme müsste bei der Behörde bzw beim Unternehmen liegen (vor allem im Zusammenhang mit Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen).

Der Begutachtungsentwurf lässt sich daher am ehesten unter „Etikettenschwindel“ einordnen – das Amtsgeheimnis weicht nur rein begrifflich der Geheimhaltung. Eine grundlegende Änderung der Amtsverschwiegenheits-Kultur in Österreich kann damit nicht erwartet werden. Im Gegenteil werden die neuen Regelungen zu einer weiteren Zementierung der bisherigen Praxis führen. Das von so vielen erhoffte Ende der Geheimniskrämerei, der intransparenten Verwaltung hin zu einem offenen, modernen, demokratischen Rechtsstaat kann und wird mit dem Vorliegenden  Gesetzesentwurf leider nicht gelingen. Man verspricht, was dann nicht gehalten werden kann oder nicht gehalten wird.

II. Verhältnis des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) zum
Umweltinformationsgesetz (UIG)

Das FWU ist interdisziplinär im Bereich Umweltschutz einschließlich Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung tätig. Umweltinformationen (sehr weit verstanden in Judikatur und Lehre) werden oft auch Informationen der geplanten Regelungen, insbesondere des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) sein: Inhaltlich besteht zwar teilweise Deckung, doch gibt es auch viele materielle und verfahrensrechtliche Abweichungen.

Nach bisheriger Erfahrung mit dem UIG bestehen danach doch Schutzlücken wegen sehr weiter Mitteilungsschranken, vor allem dabei die zulässige Berufung auf Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse. Solche weitet das IFG sogar auf „Geheimnisschutz“ aus, stellt weiters auf den rechtlichen Schutz von „berechtigten wirtschaftlichen Interessen“ (§ 6 Abs 1 Z 4) ab. Immerhin liegt hier die gebotene Einschränkung auf den rechtlichen Schutz vor. Der Unterschied zwischen „erheblich“ nach IFG und „ein nicht nur geringfügiger wirtschaftlicher Nachteil“ nach UIG wird kein großer sein.

In beiden Gesetzen sollte eine sachlich gerechtfertigte Einschränkung („sofern unbedingt geboten“) erfolgen und – wie oben bereits erörtert – die Beweislast für die Ausnahme bei der Behörde bzw beim Unternehmen.

Zu den Änderungen im Detail:
Zu Art. 1 Z 3

Das Interpellationsrecht des Nationalrates ist einer der grundlegenden Instrumente des Parlamentes, wenn es darum geht, die staatliche Verwaltung zu kontrollieren. Nationalrat und Bundesrat haben das Recht, die Geschäftsführung der Bundesregierung zu überprüfen, deren Mitglieder über alle Gegenstände der Vollziehung zu befragen und alle einschlägigen Auskünfte zu verlangen.  Verankert ist dies in Art 52 Abs 3 B-VG.

Art 52 (3) Jedes Mitglied des Nationalrates und des Bundesrates ist befugt, in den Sitzungen des Nationalrates oder des Bundesrates kurze mündliche Anfragen an die Mitglieder der Bundesregierung zu richten.

Dieses Fragerecht des Nationalrates ist entscheidend für die Handlungsfähigkeit des Parlamentes und immens wichtig für jede gesunde Demokratie. Der Entwurf sieht vor, dass dieses Recht entscheidend beschnitten werden soll. Denn in Art 52 B-VG soll folgender Abs 3a eingeführt werden:

(3a) Dies gilt nicht für Auskünfte, deren Geheimhaltung aus den in Art. 22a Abs. 2 genannten Gründen erforderlich ist.

Diese Einschränkung des Interpellationsrechtes – noch dazu im Rahmen eines Informationsfreiheitsgesetzes (!) – ist weder sachlich gerechtfertigt, noch wäre sie in irgendeiner Form notwendig. Eine derartige Beschränkung des Fragerechtes ist von neuer Qualität. Die Einschätzung der Erläuterungen, wonach es sich um eine Rechtsfortschreibung handle, kann nicht geteilt werden. In Praxi werden bereits jetzt parlamentarische Anfragen oftmals nur unzureichend oder unzufriedenstellend, teils ausweichend, beantwortet. Die Aushebelung des Interpellationsrechtes ist daher grundlegend abzulehnen und ersatzlos zu streichen.

Zu Art 1 Z 13
Legisvakanz Z 13 – Informationsfreiheitsgesetz, Bundesverfassungsgesetz Die im Entwurf vorgesehene Legisvakanz von 18 Monaten ist sachlich nicht nachvollziehbar. Die Erläuterungen begründen dies damit, dass einfachgesetzliche Geheimhaltungsbestimmungen und Informationsregelungen geprüft und ggf angepasst werden müssten. Zu diesem Zweck bedarf es aber keiner Frist von eineinhalb Jahren. Dies führt nur zu einer weiteren, unnötigen Verschleppung eines so wichtigen Gesetzespaketes.

Hinzuweisen ist auch darauf, dass sich dadurch eine Überprüfung der Verwaltung von März 2020 bis zum heutigen Datum weiter verzögert. Das schafft Unmut in der betroffenen Öffentlichkeit und schwächt (weiter) das Vertrauen in die handelnden Institutionen.

Zu Art 2 – Informationsfreiheitsgesetz
Zu § 2
Die Begriffsbestimmungen des § 2 Abs 1 IFG sind unklar formuliert und unnötig einschränkend, insbesondere ist nicht ersichtlich, was genau unter „Aufzeichnungen“ zu verstehen ist. Die Erläuterungen nennen dabei Dokumente und Akten. Was jedoch hat mit all jenen Informationen zu geschehen, die nicht veraktet wurden? Zu denken ist dabei vor allem um Informationen im Zusammenhang mit Kurznachrichten-Diensten wie SMS, WhatsApp, Signal ua.

Die Beschränkungen des § 2 Abs 2 IFG sind ebenfalls abzulehnen. Es ist nicht nachvollziehbar, warum einerseits nur jene Informationen relevant sein sollen, die den Schwellenwert von EUR 100.000 überschreiten. Andererseits ist auch schon überhaupt nicht ersichtlich, wie die Berechnung dieses „Gegenstandswertes“ ausschauen soll. Die Erläuterungen hüllen sich dazu in Schweigen.

In diesem Zusammenhang ist auf den Informationsbegriff des Umweltinformationsgesetzes – UIG idF BGBl. I Nr. 74/2018 hinzuweisen. Der Informationsbegriff ist dabei sehr weit und umfasst zahlreiche Informationen in sowohl schriftlicher, visueller, akustischer, elektronischer wie auch sonstiger materieller Form. Das UIG kommt aber im Gegensatz zum Entwurf des IFG ohne Einschränkungen aus. Eine Andersbehandlung von Informationen nach dem Informationsfreiheitsgesetzt und Informationen nach dem Umweltinformationsgesetz ist nicht nachvollziehbar.

Der Informationsbegriff des UIG ist simpel, bereits etabliert und hat sich bewährt, weshalb sich eine sinngemäße Anwendung auch hier anbieten würde.

Zu § 6
Schon auf Verfassungsebene soll es eine Vielzahl von Ausnahmen in Art 22 a B-VG geben. Warum auch „integrationspolitische Gründe“ eine Informationsverweigerung rechtfertigen sollen, ist schwer verständlich.

Vor allem die „Wahrung berechtigter Interessen eines anderen“ gewähren dem entscheidenden Organ einen fast beliebigen Spielraum, da auch kein Abwägungsmaß vorgegeben ist. Ähnliches gilt für die „unmittelbar drohende Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmung“! Da kann man leicht argumentieren.

Die Aushöhlung des Grundsatzes der Informationsfreiheit setzt sich im geplanten IFG auf einfachgesetzlicher Ebene in § 6 IFG fort. (Formaljuristischer Einwand: Einen „Schutz von Rechtsvorschriften“ (§ 6 Abs 1 Z 5 lit b) sollte es nicht geben.)

§ 6 IFG definiert aus Gründen der Geheimhaltung gleich einen ganzen Katalog an Ausnahmen von der Informationspflicht.

Auch wenn einige Ausnahmetatbestände sachlich korrekt sein mögen, so gehen andere doch entschieden zu weit. Zu nennen ist hier zunächst § 6 Abs 1 Z 5 IFG, der die Veröffentlichung dann verbietet, wenn es im Interesse der unbeeinträchtigten Vorbereitung einer Entscheidung ist. Was nun genau alles „im Interesse der unbeeinträchtigten Vorbereitung einer Entscheidung“ liegt, darüber schweigen sich das Gesetz und auch die Erläuterungen aus. Letztere sprechen aber gar davon, dass die unabhängige und ungestörte Beratung und Entscheidungsfindung des Organs bereits darunterfalle, was eindeutig zu weit reicht. Dass etwa Entscheidungsentwürfe oÄ nicht herausgegeben werden können und sollen leuchtet ein und ist sachlich gerechtfertigt. Nach dem derzeitigen Entwurf würde dieser Geheimhaltungstatbestand aber ausufernde Anwendungsmöglichkeiten bieten. In Art 4 Abs 3 der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 über den Zugang der  Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission wird folgender Ausnahmetatbestand steht

(3) Der Zugang zu einem Dokument, das von einem Organ für den internen Gebrauch erstellt wurde oder bei ihm eingegangen ist und das sich auf eine Angelegenheit bezieht, in der das Organ noch keinen Beschluss gefasst hat, wird verweigert, wenn eine Verbreitung des Dokuments den Entscheidungsprozess des Organs ernstlich beeinträchtigen würde, es sei denn, es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung.

Die nationale Bestimmung des IFG sollte sich in seiner Einschränkung maximal an dieser Bestimmung orientieren.

§ 6 Abs 1 Z 6 IFG normiert Ausnahmen von der Informationspflicht zur Abwehr eines erheblichen wirtschaftlichen oder finanziellen Schadens der Organe, Gebietskörperschaften oder gesetzlichen beruflichen Vertretungen. Es ist nicht klar, was unter „erheblichem wirtschaftlichen oder finanziellen Schaden“ genau gemeint ist. Auch ist nicht klar, wieso auf einen wirtschaftlichen Schaden etwa der Gebietskörperschaft Rücksicht genommen werden muss. Zwar kennt § 6 IFG generell eine Interessenabwägung, doch in der Praxis schlägt diese nicht selten zu Gunsten der Amtsverschwiegenheit aus. Ist der Schaden nur groß genug, so würde die Information unter Verschluss gehalten werden. Ein Gesetz, das die Information der Öffentlichkeit und die offene, transparente staatliche Verwaltung ernst nimmt, nimmt bei der Interessensabwägung mehr Rücksicht auf das Informationsinteresse der Bevölkerung als auf wirtschaftliche Schäden einzelner.

Die Ausnahme „überwiegenden berechtigten Interessen eines anderen“ (§6 Z. 7) entspricht wohl schon nicht dem Legalitätsgrundsatz, denn ohne Angabe normativer Gewichte kann man gar nicht abwägen!! Auch Berufsgeheimnisse sollen erfasst sein.

§ 6 Abs 1 Z 7 lit a bis c bieten allesamt Missbrauchspotential in Hülle und Fülle. Dazu ist zunächst zu sagen, dass die meisten Informationen bei der Behörde personenbezogene Daten und geistige Eigentumsrechte darstellen. Jede Studie, jeder Plan, jedes Gutachten beinhaltet personenbezogene Daten und stellt praktisch immer ein Werk im Sinne des Urheberrechtes dar. Die Hereinnahme von Berufs-, Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen wird dazu führen, dass alle der Behörde übermittelten Daten als solche deklariert werden. Auch ist nicht geklärt, wie es mit der Verbreitung von von der Behörde ausgefolgten Informationen ausschaut. Sind diese Informationen urheberrechtlich geschützt, so würde man sich schnell urheberrechtlichen Ansprüchen des Berechtigten  ausgesetzt sehen. Dies wird zu einer Hemmung der Informationsvermittlung kommen – das genaue Gegenteil der Intention des Gesetzes. Hier ist klarzustellen, dass die Verbreitung der von der  Behörde weitergegeben Dokumente zulässig ist.

Zu § 8 Fristen
Um handeln zu können, benötigt man wichtige Informationen in der Regel rasch. Diesem Erfordernis entspricht § 8 IFG nicht, da in Zusammenschau mit § 11 IFG letztlich vier Monate, bei Antrag an das VwG sechs Monate (§ 14 Abs 8) vergehen können; vgl. die Erläuterungen u.a. zu § 11 IFG.

Eine Begründung für diese überlange und im internationalen Vergleich absolut unübliche Frist findet sich werde im Gesetz noch in den Erläuterungen. Diese langen Fristen machen eine echte Bürgerinformation, geschweige denn eine ordentliche Pressearbeit quasi unmöglich.

Die Verkürzung dieser Fristen auf maximal 14 Tage ist daher angezeigt. Der auskunftspflichtigen Stelle ist damit genügend Zeit eingeräumt, die Anfragen zu behandeln. Zu beachten ist ohnehin, dass auf eine Säumnis der Behörde in Österreich nach wie vor nur sehr eingeschränkt reagiert werden kann und vom Abwarten einer monatelangen Frist abhängt.

Zu § 9
Die Wortfolge „und damit kein unverhältnismäßiger Aufwand verbunden“ in § 9 Abs 2 IFG gehört ersatzlos gestrichen, da dafür keine sachliche Rechtfertigung ersichtlich ist. Sinn und Zweck des Gesetzes ist es, den Zugang zu Informationen sicherzustellen. Leider finden sich im ganzen Gesetz immer wieder solche Einschränkungen, die der Informationsfreiheit entgegenstehen und dazu führen werden, dass in Sachen Transparenz alles beim Alten bleibt.

Auch in § 9 Abs 3 IFG finden sich derartige Beschränkungen. Zum einen darf ein Antrag nämlich nicht „missbräuchlich“ gestellt werden. Diese Bestimmung ist schon deshalb ersatzlos zu streichen, da die Anfrage von Informationen explizit nicht von der Nennung von Gründen abhängt (wie dies auch bei Anfragen nach dem UIG der Fall ist) und daher eine missbräuchliche Informationsanfrage nicht in Frage kommt. Es ist daher zu befürchten, dass mit der Missbrauchsschranke eine Begründungspflicht durch die Hintertür kommt, was klar abzulehnen ist.

Der zweite Halbsatz normiert schließlich, dass eine Information dann nicht zu erteilen ist, soweit die Erteilung der Information die sonstige Tätigkeit des Organs wesentlich und unverhältnismäßig beeinträchtigen würde. Diese Passage ist ersatzlos zu streichen, da die Beeinträchtigung des Organs nicht dafür herhalten kann, die Information nicht zu erteilen. Es kann nicht sein, dass die Bevölkerung, die betroffene Öffentlichkeit, Informationen schon allein deshalb nicht bekommt, weil eine wesentliche und unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Behörde vorliegt. Es wird ohnehin nicht genauer erklärt, wann eine solche Beeinträchtigung vorliegt.

Insgesamt ist der § 9 Abs 3 IFG daher auf der einen Seite sehr vage und schwammig formuliert, ermächtigt auf der anderen Seite aber sogleich dazu, die Information gleich gänzlich zu verweigern.

Zu § 11
§ 11 Abs 1 IFG sieht vor, dass im Falle der Nichterteilung einer Information auf schriftlichen Antrag des Informationswerbers vom informationspflichtigen Organ binnen zwei Monaten nach Einlangen des Antrages ein Bescheid darüber erlassen ist. Die Kritik hierzu ist ähnlich wie die oben vorgebrachte Kritik zu den Fristen – sie ist unverhältnismäßig lange. Schon für den Informationsantrag an sich könnte sich das Organ 8 Wochen Zeit nehmen. Teilt es schließlich seinen Entschluss mit, die Information nicht herausgeben zu wollen, dauert es wieder 2 Monate, bis es einen Bescheid ausfertigen muss. Erst dann kann sich die betroffene Person überhaupt wehren und den Weg zum Gericht beschreiten. Es sind also bereits mehrere Monate ins Land gezogen, in denen für den Informationswerber überhaupt nichts zu gewinnen ist.

Zu § 12
Die generelle Gebührenfreiheit ist höchst begrüßenswert und sollte jedenfalls beibehalten  werden. Es ist jedoch zu befürchten, dass eine quasi Gebührenpflicht durch die Hintertür kommen wird. Dies deshalb, weil als einziges Rechtsmittel die Beschwerde vorgesehen ist. Eine solche Beschwerde stellt eine zeitliche und finanzielle Belastung dar und wird deshalb sicherlich nur in Ausnahmefällen angestrengt werden. Eine Beschwerdemöglichkeit direkt beim Organ wäre an dieser Stelle besser.

Zu § 16
Nach dem Entwurf sollen UIG und IFG nebeneinander bestehen (vgl § 16 Entwurf: „unberührt bleiben“). Das FWU begrüßt diese Normenkonkurrenz, da dem Informationssuchenden beide Verfahren zur Auswahl stehen, ja man könnte wohl auch parallel eine Information beantragen.

Zu Art 4
Die Möglichkeit eines Verfassungsrichters zur Abgabe eines „concurring“ oder „dissenting opinion“ wird entschieden abgelehnt: Es würde Ansehen in und Vertrauen auf den VfGH angesichts unseres politischen Systems und vor allem der parteipolitisch orientierten Entsendung von VfGH-Richtern entscheidend schwächen bzw sogar nachhaltig schaden.

In jüngster Zeit haben sich die betroffenen Richter des Verfassungsgerichtshofes – allen voran der Präsident des VfGH („Ich war immer schon skeptisch, und die Skepsis hat zugenommen“) – bereits mehrfach entschieden gegen ein solches Sondervotum geäußert. Selbst der frühere VwGH-Präsident Clemens Jabloner, einst ein Befürworter der „Dissenting Opinion“, zeigt sich nunmehr skeptisch.

Angesichts der zunehmenden Politisierung der Höchstgerichte und des Versuches mancher politischen Player, Einfluss auf die Justiz zu nehmen, ist von einem solchen Schritt dringend abzuraten! Sondervoten des VfGH würden dessen Erkenntnisse und damit die Institution an sich angreifbarer und verletzlicher machen. Unlautere Akteure könnten die öffentliche Meinung mithilfe der Sondervoten manipulieren, was am Ende der Durchsetzungskraft der Verfassung schaden könnte.

III. Sonstiges:
Die Erweiterung der Prüfungskompetenz des Rechnungshofes auf Beteiligung „mit mindestens 25 v H“ wird begrüßt. Die Sonderregelung für börsennotierte Unternehmungen „jedenfalls mit mindestens 50 v H“ wird abgelehnt, da die Differenzierung in den Erläuterungen nicht zu überzeugen vermag.

Anzumerken ist außerdem, dass das Gesetz den von vielen Seiten geforderten Informationsfreiheitsbeauftragten nicht einführen will, obwohl dieser für eine effektive Durchsetzung so wichtig wäre. Der Entwurf sieht als Mittellösung die Hereinnahme der Datenschutzbehörde vor, die die informationspflichtigen Organe, Stiftungen, Fonds, Anstalten und Unternehmungen in  datenschutzrechtlichen Belangen der Vollziehung der Informationsfreiheit beraten soll (§ 15 Abs 1 IFG). Auffällig ist, dass im Endeffekt nur der einen Seite – nämlich den eigentlichen  verpflichteten – Unterstützung und Beratung gewährt wird. Die Öffentlichkeit, zu deren Gunsten das Gesetz wirken sollte, wird in ihrem Streben nach Information alleine gelassen.

Informationsfreiheit behindert Korruption; Informationsfreiheit behindert Steuerverschwendung. Österreich hat – nicht nur gemessen an den Zeitungsberichten der letzten Wochen – ein Problem mit Korruption. Je mehr Informationen barrierefrei zugänglich sind, desto schwieriger fällt Korruption und desto gesünder arbeitet die Verwaltung. Im jährlich veröffentlichten „Right to information“-Ranking des AIE und CLD rangiert Österreich seit Jahren in den untersten Rängen, in den Jahren 2016 und 2017 sogar am blamablen Platz 111 von 111 untersuchten Staaten.

Ähnlich unrühmlich ist die Tendenz laut Anti-Korruptionsbericht von Transparency International, demzufolge Österreich zuletzt um drei Plätze abgerutscht ist und sich nunmehr auf Platz 15 befindet.

IV. Fazit
Der vorliegende Begutachtungsentwurf ist unzureichend und daher zusammenfassend abzulehnen. Einerseits sieht er eigenartig anmutende Änderungen wie die Beschränkung des Interpellationsrechtes oder die Einführung eines Sondervotums vor, die nur schwer mit Informationsfreiheit zu erklären sind. Der vorliegende Entwurf des IFG erfüllt ganz grundsätzliche Zielsetzungen wie den umfassenden, niederschwelligen Zugang zu Information nicht bzw nur unzureichend. Auf die Einführung wichtiger Instrumente wie des Informationsfreiheitsbeauftragen wurde verzichtet, während im Gegenzug unüblich viele, die Informationsfreiheit zügelnde Bestimmungen aufgenommen wurden. Das Gesetz kann daher der noblen Zielsetzung der umfassenden Transparenz leider nicht gerecht werden.

Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Reinhold Christian
geschäftsführender Präsident

 

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