Baulandmobilisierungsabgabe: Fehlende Verordnung zum Raumplanungsgesetz 2019?

Das Burgenländische Raumplanungsgesetz 2019 ist am 01. August 2019 in Kraft getreten. Es beinhaltet einige „Dauertermine“ sowohl für die burgenländischen Bürgermeister als auch für das Amt der burgenländischen Landesregierung. Seit mehr als zwei Jahren sollte Geld in die Kassen der Gemeinden und des Landes fließen. Doch eine fehlende Verordnung des Landes die den maximalen Quadratmeterpreis festlegt fehlt und verhindert die vollständige Umsetzung dieses Gesetzes.

Der Flächenwidmungsplan legt fest wo gebaut werden darf – bgld.gv.at GeoInfo

Seit zwei Jahren kein Monitoring in den Gemeinden?

Geht es nach dem Raumplanungsgesetz 2019 haben die Gemeinden jährliche bis zum 31.3 ein laufendes Monitoring durchzuführen, das die Interessensbekundungen von Gemeindebürgerinnen und Gemeindebürgern, die zum Kauf angebotenen und die tatsächlich verkauften Baulandgrundstücke sowie die erzielten Preise dokumentiert. Der Monitoringbericht ist an das Land vorzulegen. Ob dieses Monitoring im Burgenland statt findet und wie viele Berichte in der Fachabteilung eingelangt sind, war Inhalt einer Anfrage von bkftv.at beim zuständigen Landesrat Mag. Dorner (SPÖ).

Meldetermin der Gemeinden bereits zwei Mal verstrichen?

Das Ergebnis des Monitoring in den Gemeinden ist für jedes Kalenderjahr bis zum 31. März des Folgejahres der Landesregierung vorzulegen. Gemeinden, in denen ein Mangel an leistbarem Bauland vorliegt, kann die Landesregierung zur Ergreifung geeigneter Maßnahmen auffordern. Die Umsetzung dieser Maßnahmen hat gegebenenfalls Vorrang vor allen anderen Planungszielen. Die Verpflichtung zur Vorlage der Ergebnisse des Monitorings entfällt, wenn und solange im Gebiet einer Gemeinde nachweislich kein Mangel an leistbarem Bauland besteht. Widerspricht eine forcierte Nutzung von Baulandreserven den für eine Gemeinde geltenden Planungen, insbesondere ihrem örtlichen Entwicklungskonzept, entfällt auch die Verpflichtung zur Durchführung des Monitorings.

Seit mehr als zwei Jahren keine Steuerüberweisungen an Land und Gemeinden

Raumplanungsgesetz 2019 § 24a. Das Land erhebt eine Baulandmobilisierungsabgabe als gemeinschaftliche Landesabgabe im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 4 lit. a des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948. Die Baulandmobilisierungsabgabe fällt zu 50% dem Land und zu 50% der jeweiligen Gemeinde zu. Das Land hat den Gemeinden die Ertragsanteile bis 15. April des Folgejahres zu überweisen. Raumplanungsgesetz 2019 § 24b (1)

Die Gemeinden haben dafür zu sorgen, dass den Gemeindebürgerinnen und Gemeindebürgern leistbares Bauland zur Verfügung steht, welches den voraussichtlichen Bedarf der nächsten fünf bis zehn Jahre deckt.

Raumplanungsgesetz 2019 § 24b – Die fehlende Verordnung der Burgenländischen Landesregierung

Die Landesregierung hat mit Verordnung einen maximalen Quadratmeterpreis für jede Gemeinde festzulegen steht seit 01. August 2019 im Gesetz. Die Landesregierung hat von einem durchschnittlichen Kaufpreis für Grünflächen auszugehen, die aus raumplanungsfachlicher Sicht Umwidmungspotential aufweisen. Dieser Kaufpreis ist jedenfalls im Rahmen der erstmaligen Festlegung durch Gutachten von Sachverständigen für Immobilienbewertung zu ermitteln.

Baulandkäufer und Baulandbesitzer sind die Hauptbetroffenen, die vor allem der Baulandpreis interessiert. Auf der Plattform bodenpreise.at kann die aktuelle Preislage verfolgt werden. Der Bürgermeister mit seinem Gemeinderat hat für „leistbares Bauland“ zu sorgen und muss jährlich seinen Monitoringbericht an das Land vorlegen. Eine neue Aufgabe für die Bürgermeister des Burgenlandes.  Auf Grundlage der Meldungen aus den Gemeinden erhebt das Land die neue Baulandmobilisierungsabgabe, welche durch die Grundbesitzer abzuliefern ist und jeweils zu 50% an Land und Gemeinde aufgeteilt wird. Das wäre der jährliche Ablauf und Geldfluß, wie in das Gesetz vorschreibt. Durch die fehlende Verordnung des Landes scheint es hier zu einem Verwaltungsstillstand in der Gemeinde- und Landesverwaltung gekommen zu sein.

Somit heißt es warten auf den Bewertungsstichtag. Der Bewertungsstichtag darf nicht mehr als sechs Monate vor dem Inkrafttreten der Verordnung liegen. Zum ermittelten Kaufpreis ist ein Aufschlag für durchschnittliche Aufschließungskosten zu berücksichtigen. Im Fall erheblicher Unterschiede innerhalb des Gemeindegebietes können für Teilbereiche unterschiedliche Werte festgelegt werden. Anpassungen können anhand von fachlich geeigneten Indexwerten erfolgen. https://www.bodenpreise.at/

Screenshot: bodenpreise.at

Der Kurier klärte im Sept 2020 auf: Was bedeutet „Anspruch auf leistbares Bauland“?

Wer seit mindestens drei Jahren seinen Hauptwohnsitz in einer burgenländischen Gemeinde hat, soll ein Gemeindegrundstück zu einem vom Land festgelegten Maximalkaufpreis erwerben können. Dieser ergebe sich aus dem errechneten Grünlandpreis laut Statistik Austria plus Aufschließungskosten von 40 Euro pro Quadratmeter. „Das Raumplanungsgesetz verpflichtet Gemeinden, Baulandgrundstücke zu diesem Preis für Gemeindebürger bereit zu halten“, so Doskozil. Stehe ausreichend Bauland zur Verfügung, könne die Gemeinde darüber hinaus Grundstücke anderweitig verkaufen. Ein Beispiel:

Kostet ein Grundstück derzeit 200 Euro pro Quadratmeter, ergeben sich nach dem neuen Maximalpreis nur mehr 80 Euro.

Quelle: https://kurier.at/chronik/burgenland/burgenland-will-preise-fuer-bauland-festlegen/401042054

Von der Raumordnung zum Bebauungsplan

Für Grundeigentümer entfaltet das örtliche Entwicklungskonzept keine direkten rechtlichen Auswirkungen. Die Grundlage für baubehördliche Entscheidungen ist daher nur der Flächenwidmungs- sowie gegebenenfalls der Bebauungsplan. Der Flächenwidmungsplan legt den konkreten Verwendungszweck aller Flächen (Parzellen) im jeweiligen Gemeindegebiet fest. Die Redaktion BKFTV.at richtete am 030422 einen Fragenkatalog an Frau LHStvin Mag. Eisenkopf (Gemeindezuständigkeit), welche die Anfrage an den zuständigen Landesrat Mag. Dorner in der Bgld-Landesregierung weiter leitete. Es gab trotz Rückfrage bis Redaktionsschluss keine Antworten auf unsere Fragen aus dem Büro Landesrat Dorner (SPÖ). Die Presseanfrage von BKFTV.at erging mit dem Ersuchen um eine Stellungnahme auch an alle Klubs im Landatag (SPÖ, ÖVP, FPÖ, GRÜNE). Aus dem ÖVP Klub gab es eine Stellungnahme von Klubobmann Markus Ulram die wir veröffentlichen. Mag. Regina Petrik unterstrich in ihrer kurzen Antwort die Wichtigkeit der gestellten Fragen und dass sie gespannt auf die Antworten von Landesrat Mag. Dorner warte. Leider erreichten uns bis Redaktionsschluss keine Antworten.

https://kommunal.at/was-ist-ein-flaechenwidmungsplan

Der Fragenkatalog von BKFTV.at an Landesrat Dorner blieb leider unbeantwortet

  • Wir werden leider nicht erfahren, welche Maßnahmen in der zuständigen Fachabteilung der Landesregierung eingeleitet wurden, um die notwendigen Sachverhalte zum Raumplanungsgesetz 2019 in den Gemeinden für die Jahre 2020, 2021 und 2022 zu erheben.
  • Wir werden also nicht erfahren, ob „Entwicklungskonzepte“ in einigen burgenländischen Gemeinden durch die Fachabteilung versagt wurden.
  • Wir werden nicht erfahren, ob in den Jahren 2020, 2021 und 2022 bis zum Meldetermin 31.3. Monitoringberichte von burgenländischen Gemeinden bei der zuständigen Fachabteilung eingelangt und bearbeitet worden sind.
  • Wir werden nicht erfahren, von welchen Gemeinden Monitoringberichte eingelangt sind.
  • Wir werden nicht erfahren, ob für die Jahre 2020 und 2021 nicht eingelangte Monitoringberichte durch die zuständige Fachabteilung des Landes nachgefordert wurden.
  • Wir werden nicht erfahren, ob durch die fehlende Verordnung bereits Steuereinnahmen von 2 Jahren verloren gegangen sind und wie hoch der aktuelle Steuerverlust für die Gemeinden und das Land ist.
  • Wir werden nicht erfahren, ob durch die Landesregierung burgenländische Gemeinen auf Grund von Mangel an leistbaren Bauland zu „geeignete Maßnahmen“ im Sinne des Raumplanungsgesetz 2019 aufgefordert wurden und in welchen Gemeinden dies möglicher Weise 2020 und 2021 der Fall war.
  • Wir werden nicht erfahren, in welchen burgenländischen Gemeinden für die Jahre 2020 und 2021 die im Gesetz vorgeschriebene Baulandmobilisierungsabgabe durch das Land Burgenland eingehoben wurde.
  • Wir werden nicht erfahren, wie hoch die Gesamteinnahmen durch die Baulandmobilisierungsabgabe für das Land Burgenland und die betroffenen Gemeinden in den Jahren 2020 und 2021 waren.
  • LH Mag. Doskoszil hat in einer seiner letzten Pressekonferenzen angekündigt, dass die fehlende Verordnung zur Festlegung des maximalen Quadratmeterpreise für jede Gemeinde im Burgenland „demnächst“ erfolgen wird. Wir werden nicht erfahren, wann mit der Verfügung dieser fehlenden Verordnung zum Raumplanungsgesetzt 2019 aus dem August 2019 zu rechnen ist.
  • Wir werden nicht erfahren, ob durch die Landesregierung bereits Sachverständige für die Bewertung der Immobilien erhoben und festgelegt wurden und ob ein Gutachten eines Sachverständigen zur Bewertung des leistbaren Baulandpreises vorliegt.
  • Wir werden nicht erfahren, ob ein Gutachten vorliegt.
  • Wir werden nicht erfahren, wer dafür verantwortlich ist, dass auf Grund einer fehlenden Verordnung zu den Jahren 2020/2021 keine Steuern eingehoben wurden.
  • Wir werden nicht erfahren, wann es zu einer Evaluierung des Raumplanungsgesetz 2019 kommen wird, welches nun schon seit August 2019 in Kraft ist.
  • Wir werden nicht erfahren, ob die im Oktober 2022 stattfindende Gemeinderatswahl im Burgenland ein Grund für weitere Verzögerungen bei der Erlassung der fehlenden Verordnung für den Quadratmeterpreise, als auch die Vollziehung des Raumplanungsgesetzes 2019 sein könnte.

Markus Ulram ÖVP: Zurück an den Verhandlungstisch und Einladung zu Parteienverhandlungen vor Gesetzesbeschlüssen

Foto ÖVP/Bgld: Markus Ulram LPOStv
Klubobmann, BezPO Neusiedl/See

Klubobmann Markus Ulram von der ÖVP in seiner Stellungnahme zu unserer Presseanfrage:

„Viele Experten haben sich in der Entstehungsphase dieses Gesetzes sehr kritisch dazu geäußert. 30 schriftliche Stellungnahmen sind damals bei der Landesregierung eingelaufen, ein Rekordwert. Dieses Gesetz löste sogar Widerstand innerhalb der SPÖ aus: Das rote Wien übte heftige Kritik an Doskozils Plänen und bezeichnet den Entwurf als verfassungswidrig.
Die SPÖ Alleinregierung zeigte sich völlig unbeeindruckt von diesen sachlichen Argumenten und peitschte das Gesetz in einer inszenierten Sondersitzung im Dezember 2020 durch den Landtag. Dieselbe Vorgangsweise wurde zuletzt auch beim Erneuerbaren-Beschleunigungsgesetz angewandt. Das Gesetz wurde in der gestrigen Landtagssitzung nur mit Stimmen der SPÖ beschlossen. Ohne Parteienverhandlung, ohne Begutachtung und ohne die Bedenken von Betroffenen ernst zu nehmen.

Für uns als Volkspartei handelte es sich von Beginn an um ein Husch-Pfusch-Gesetz, das zum Scheitern verurteilt ist. Unter dem Deckmantel der „Baulandmobilisierung“ hat Landeshauptmann Doskozil in Wirklichkeit neue Steuern durch die Hintertür eingeführt. Denn mit der roten Baulandsteuer wird das Bauen nicht leistbarer, sondern es verteuert sich.
Aus diesem Grund haben wir uns von Anfang an gegen diese Abzocke ausgesprochen und natürlich gegen dieses Gesetz gestimmt. Das vordringliche Ziel der SPÖ ist nämlich Geldbeschaffung. Geldbeschaffung, um die leeren Kassen des Landes zu füllen und das auf Kosten der Gemeinden und der Burgenländerinnen und Burgenländer.
Aus unserer Sicht wäre die SPÖ gut beraten, zurück an den Verhandlungstisch zu kommen und endlich zu echten Parteienverhandlungen vor Gesetzesbeschlüssen einzuladen, anstatt Gesetzesvorlagen im Hinterzimmer der SPÖ-Parteizentrale zu schreiben und danach im Landtag durchzupeitschen. Das würde dem politischen Diskurs im Burgenland guttun.“

Die veröffentlichten Meinungen der Oppositionsparteien im Burgenland zum Raumplanungsgesetz 2019 (Stand Sept. 2020 – orf.bgld online)

Grüne begrüßen Widmungsabgabe

In der Widmungsabgabe zur Novelle des Raumplanungsgesetzes sahen die Grünen einen Schritt in die richtige Richtung. „Unsere langjährige Forderung, nicht dauernd Bauland zu widmen, sondern vorhandenes Bauland zu nutzen, wird nun endlich umgesetzt. Wir werden aber darauf achten, dass sich die Landesregierung nicht wieder selbst aus ihrem Gesetz ausnimmt“, so die grüne Klubobfrau Regina Petrik. Sie warnte zugleich vor einer Fehlentwicklung beim Vorkaufsrecht von Gemeinden. „Bauland als Gemeinde zu kaufen und dann nach eigenem Ermessen weiterzugeben könnte auch als Freibrief zur Freunderlwirtschaft unter dem Deckmantel der Raumordnung missbraucht werden“, so Petrik. Gefordert seien klare Regeln und Transparenz.

FPÖ spricht von „Regulierungsfantasien“

Die FPÖ ortet „umfassende Regulierungsfantasien“. Dass Doskozil einen Maximalpreis für Grundstücke festlegen wolle, sei „rundweg abzulehnen“, sagte FPÖ-Wohnbausprecher und Landtagsabgeordneter Alexander Petschnig. Auch das geplante Vorkaufsrecht stelle seiner Ansicht nach einen Eingriff in das verfassungsmäßige Eigentumsrecht der Menschen dar, sagte Petschnig. Sollte dieser Punkt tatsächlich beschlossen werden, erwäge die FPÖ den Gang zum Verfassungsgerichtshof. In der geplanten Widmungsabgabe sieht Petschnig einen positiven Ansatz: „Denn wer mit Grund und Boden spekuliert, soll dafür auch bezahlen.“

NEOS sehen mehrere Kritikpunkte

Mehrere Punkte der geplanten Novelle zum Raumordnungsgesetz sah NEOS-Landessprecher Eduard Posch kritisch. So sei es nicht nachvollziehbar und auch klar abzulehnen, dass die Gemeinden, das Land und Landesbetriebe von der geplanten Widmungsabgabe befreit sein sollen. Der bekannten Freunderlwirtschaft würde dadurch Tür und Tor geöffnet, so Posch.

Die gesetzlichen Grundlagen

Burgenländisches Raumplanungsgesetz 2019 (Link zum RIS)
Burgenländisches Raumplanungseinführungsgesetz (Bgld RPEG), StF LGBl. Nr. 50/2019
Planzeichenverordnung für digitale Flächenwidmungspläne
Planzeichenverordnung für Örtliche Entwicklungskonzepte
Verordnung über Eignungszonen für die Errichtung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen
Verordnung, mit der Einkaufsorte festgelegt werden
Landesraumordnungsplan für Maßnahmen mit nachteiligen Auswirkungen auf die Umwelt
Landesentwicklungsprogramm (LEP 2011)

Quellen:

https://kommunal.at/was-ist-ein-flaechenwidmungsplan

https://www.bodenpreise.at/Home/List

https://burgenland.orf.at/stories/3068056/

Für alle betroffenen Personen, Vorgesetzten, Institutionen, Vereine und Behörden gilt die Unschuldsvermutung. Red.

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