Erfolg gegen „Falsche Polizisten“ am Telefon

Wien, 17. 11. 2022

UNDESKRIMINALAMT, INTERPOL UND CBI/INDIEN ZERSCHLAGEN CALL CENTER IN NEUDELHI

Internationale PolizeiAktion beendet betrügerische Anrufe mit dem Modus „INTERPOLAgent“ auf einen Schlag Intelligence des Bundeskriminalamtes liefert entscheidenden Hinweis für Zugriff Call Center war weltweit betrügerisch tätig Schadenshöhe allein in Österreich bei ca. 2.7 Millionen Euro weitere erhebliche finanzielle Schäden verhindert.


In einer einzigartigen internationalen und pankontinentalen Kollaboration ist es der Polizei gelungen, dem InternetBetrug und der dahinterliegenden organisierten Kriminalität einen  empfindlichen Schlag zu versetzen. Durch Ermittlungen des Bundeskriminalamtes (BK), INTERPOL und der indischen Polizeibehörde CBI (Central Bureau of Investigations) wurde in NeuDelhi ein CallCenter ausfindig gemacht und zerschlagen, von dem aus weltweit Telefonbetrug begangen worden war. Der Zugriff durch indische Behörden fand Ende September statt. In Österreich laufen die Ermittlungen in enger Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft Wien, die ermittlungsführende Justizbehörde in dem Kriminalfall ist in Indien.

Andreas Holzer, Direktor des Bundeskriminalamtes: „Internationale Kollaboration ist die Zukunft der Polizeiarbeit. Dieser Erfolg ist ein Paradebeispiel für professionelle kriminalpolizeiliche Zusammenarbeit und zementiert den Ruf des Bundeskriminalamtes Wien als kompetenten Player in der internationalen Kriminalitätsbekämpfung ein.“

Jürgen Stock, INTERPOL Generalsekretär: „Cybergestützter Internetbetrug hat seit der COVID19Pandemie weltweit drastisch zugenommen. Diese Straftaten haben häufig dramatische Auswirkungen auf das Leben der Opfer: Professionell organisierte Kriminelle erbeuten hart verdiente Ersparnisse und nehmen nicht selten die schwächsten Teile der Gesellschaft ins Visier. Die erfolgreiche, Kontinente überspannende polizeiliche Zusammenarbeit zwischen Österreich und Indien in diesem Fall zeigt, dass kein Krimineller außerhalb der Reichweite von INTERPOL‘s globalem Netzwerk liegt.“

DETAILS ZUM ERMITTLUNGSERFOLG IN INDIEN
Österreich und europaweit nehmen Internetbetrügereien u.a. mit dem Modus „falscher Polizist“ stark zu. Betrüger geben sich bei diesem Modus am Telefon als Polizisten aus und verleiten Opfer zur Herausgabe von Geld und Wertgegenständen. Diese Betrüger geben sich hierbei teilweise als örtliche Polizei aus, es meldete sich aber auch immer öfter ein fingierter „INTERPOLAgent“ oder „EuropolAgent“ am Telefon. In Österreich entstand bereits Schaden in Millionenhöhe allein durch diese spezielle Abwandlung des Modus „Falscher Polizist“.

Ein Opfer in Österreich bekam am 16.08.2022 einen derartigen Anruf eines vermeintlichen „INTERPOLAgenten“, der angab, die Identität des Opfers sei gestohlen worden und nun solle Geld transferiert werden. Das Opfer reagierte jedoch richtig und meldete den Vorfall auf einer Polizeiinspektion. BetrugsSpezialisten des BK, die tagtäglich alle protokollierten Betrugsanzeigen in Österreich auswerten, wurden auf den Fall aufmerksam. Im Zuge der Ermittlungen stellte ein Informant dem BK höchst inkriminierendes Video und Audiomaterial aus diesem Call Center zur Verfügung und die Spur der Telefonbetrüger konnte bis nach Indien/Neu Delhi zurückverfolgt werden.

Um die örtlich zuständigen indischen Behörden diese wichtigen kriminalpolizeilichen Informationen (internationaler Terminus: Intelligence) zukommen lassen zu können, aktivierte das BK das Netzwerk der ICPO (International Criminal Police Organization, kurz: INTERPOL). Diese koordinierte innerhalb von 24 Stunden ein WebMeeting gemeinsam mit Indien und Österreich. Aufgrund der Informationen aus Wien konnte Indien einen eigenen Fall einleiten. Im Zuge der Operation HAECHI gelang es dem CBI, drei Köpfe dieser kriminellen Bande festzunehmen.

SICHERSTELLUNG VON GELDERN AUF KRYPTOWALLET
Bei dem Betrugsmodus forderten die Täter ihre Opfer zur Übermittlung der Codes diverser Gutscheinkarten (Google Play, Steam…) auf, aber auch zu Geldüberweisungen über BitcoinAutomaten.  Bei solchen Automaten kann bares Geld eingeführt und in weiterer Folge auf ein CryptoWallet überwiesen werden. In zumindest drei solcher Fälle konnte der Geldfluss bis zu einem Exchanger
in Indien nachverfolgt werden.

Mit gerichtlicher Anordnung wurden durch die direkte Zusammenarbeit mit dem CBI Indien auf diesem Konto bislang ca. 1,9 Bitcoins sichergestellt. Der indische Inhaber dieser Wallet wurde bei der Aktion ebenfalls festgenommen. Es sind vom CBI auch CryptoWallets mit knapp 26 Bitcoins eingefroren worden, ein Wallet mit weiteren 11 Bitcoins ist noch Gegenstand von Ermittlungen. Außerdem sind diverse Girokonten eingefroren worden, wo betrügerisch erworbenes Geld eingelagert worden ist. Es sind in diesen und anderen Örtlichkeiten 57 Datenträger sichergestellt worden, die nun ausgewertet werden müssen. Hier hat das BK dem indischen CBI die Unterstützung bei der Auswertung angeboten.

RESULTAT DES ZUGRIFFES IN NEU DELHI
Bei dem Zugriff kam es zu mehreren Festnahmen und Sicherstellungen, hauptsächlich von elektronischen Beweismitteln. Darüber hinaus konnte das BK von Österreich aus höchst  inkriminierendes ITBeweismaterial beschaffen und sichern.

Durch das Ausschalten dieses Call Centers in Indien konnten die involvierten Polizeibehörden einen erheblichen Erfolg im Kampf gegen den Internetbetrug verbuchen: Seit dem Zugriff ist die Zahl der in Österreich registrierten Anzeigen mit dem Modus „INTERPOLAgent“ oder „EuropolAgent“ vom Höchststand von über 100 Anzeigen pro Woche (Kalenderwoche 30) auf null zurückgegangen (ab Kalenderwoche 39).

Aus kriminalanalytischer Sicht kann daher davon ausgegangen werden, dass dieses Call Center allein sämtliche Straftaten nach dem SubModus „Englischsprachiger Agent“ in Österreich beging. Da generell beim Betrugsmodus „Falscher Polizist“ wöchentlich enorme Schadenssummen entstehen, verhinderten die ErmittlerInnen BK durch diesen Erfolg allein in Österreich einen extrapolierten Schaden im siebenstelligen Eurobereich und somit auch großes persönliches und emotionales Leid, das Opfer beim Verlust ihrer Ersparnisse widerfährt.

VERHINDERUNG VON VERLUSTEN DURCH PRÄVENTIVMASSNAHMEN
Aufgrund der täglichen Auswertung der österreichweit erstatteten Anzeigen wurde das Bundeskriminalamt schnell auf die spezielle Art dieser Geldüberweisung aufmerksam. Es erfolgte eine Kontaktierung des Betreibers dieser BitcoinAutomaten zwecks Verhinderung weiterer Schadensfälle. Auf Initiative des BK wurde vom Betreiber eine Warnmitteilung auf den Automaten  angebracht, wo auf diese Betrugsart hingewiesen wird. Innerhalb von 24 Stunden konnte bereits die erste Anzeige eines Opfers festgestellt werden, das auf diese Warnmitteilung aufmerksam wurde und so die bereits laufende Einzahlung auf das Täterkonto abbrechen konnte.

WEITERES VORGEHEN IN ÖSTERREICH UND AUSBLICK
Die Case Agents des Bundeskriminalamtes sind seit etlichen Wochen in engem Austausch mit INTERPOL und dem CBI. Der gegenseitige Austausch von Opferinformationen steht nun im Vordergrund der Bemühungen des BK, um in Österreich vorgefallene Kriminalfälle mit dem Call Center zu
verbinden. Aus diesem Grunde traf im Oktober BKDirektor Holzer am Rande der INTERPOLGeneralversammlung in Indien auch auf ErmittlerInnen bei INTERPOL und dem CIB, um im bilateralen Gespräch die weitere Vorgehensweise sowie den Informationsaustausch auf persönlicher Ebene zu besprechen und zu vereinfachen.

Die weiteren Ermittlungen in ganz Europa sind darauf ausgerichtet, Beweise für die Straftaten in Europa zu sammeln sowie Opfer ausfindig zu machen, um den indischen  Strafverfolgungsbehörden bestmögliches Beweismaterial für die Strafverfahren zu liefern. Hier gibt es eine enge Zusammenarbeit und Unterstützung auch durch Europol, um die Kommunikation und den Informationsaustausch mit allen betroffenen Ländern effizient zu gestalten.

Generell ist der darüberliegende Modus des „Falschen Polizisten“ (Anruf in deutscher Sprache) aber weiterhin stark und führt weiterhin wöchentlich zu enormen Schäden bei der  Zivilbevölkerung. Der breite Appell zur permanenten Information und Prävention muss daher weiterhin gelten. Alle Informationen hierzu sind auf der Website des Bundeskriminalamtes zu finden.

Sonderfall „Falsche INTERPOLAgenten“ (Anruf in englischer Sprache): INTERPOL ersucht um die Verbreitung der Information, dass INTERPOL niemals direkt mit der Bevölkerung Kontakt aufnimmt, egal auf welche Weise. Darüber hinaus würde INTERPOL niemals Geld von Personen einfordern oder Bankdaten erfragen.

 

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