Wer Türkis-Grün nicht brav folgt, wird eingesperrt!

Wien, 3. 1. 2020

Ankündigen, drüberfahren, mindestens einmal „reparieren“ und schließlich doch die unausweichliche Aufhebung der Regelung durch den Verfassungsgerichtshof

spö
Reinhard Hundsmüller
Klubobmann NÖ

„Nacht- und Nebelverordnungen sind wir mittlerweile traurigerweise gewohnt“, meint Klubobmann LAbg. Reinhard Hundsmüller. Hier gehe es aber um die Novelle zum Epidemie- und Covid-19-Maßnahmengesetz, die gerade noch vor dem Jahreswechsel in Begutachtung geschickt wurde, beschreibt Hundsmüller weiter: „Die Frist zur Begutachtung endet nämlich bereits dreieinhalb Tage später, mit dem Verzehr des heutigen Mittagsschnitzels. Hier geht es um die massive Einschränkung der persönlichen Freiheiten der ÖsterreicherInnen. Ein weiteres Mal setzt man sich über den – zum Schutz der Bevölkerung vor fehlerhaften und überzogen einschränkenden Gesetzen – notwendigen, demokratischen, parlamentarischen Prozess hinweg. Seien Sie ehrlich und verantworten Sie solcherart Maßnahmen höchst selbst, mittels Initiativantrag, anstatt demokratischen Diskurs vorzuspiegeln und Gesetze in lächerlich kurze Begutachtung zu schicken!“

Nach dem gestrigen Zusammenbruch des Servers im Parlament war es – bei einer ohnehin schon kurzen Begutachtungsfrist – nicht einmal mehr möglich zwischenzeitlich eine Stellungnahme abzugeben. Letztlich reihen sich nur noch Pressekonferenzen aneinander, die Mediendarstellung werde von Regierungsseite als Hauptaufgabe gesehen, ärgert sich Hundsmüller über die fehlende Arbeitsmoral der Regierungsmitglieder: „Die Bürgermeister, die Beamten in den Ministerien, Ländern und Bezirkshauptmannschaften, das medizinische Personal, etc. erwarten Leadership in klar formulierten Gesetzen und Erlässen. Sie werden aber ein ums andere Mal mit der Situation im Stich gelassen und müssen schwammig formulierten Pressekonferenz-Sagern hinterher arbeiten. Vollmundig auf Pressekonferenzen ankündigen, über den parlamentarischen Prozess ‚drüberfahren‘, mindestens einmal „reparieren“ müssen und schließlich doch die unausweichliche Aufhebung der Regelung durch den Verfassungsgerichtshof – das ist die empörende Vorgehensweise der ÖVP/Grün-Bundesregierung!“

Testungen sind unbestritten wichtig, auch zur Nachverfolgung bisher symptomloser infizierter Personen, bestätigt der Klubobmann der SPÖ NÖ: „Deshalb steht die Sozialdemokratie in Niederösterreich und auch ich als Sicherheitssprecher ohne Vorbehalte hinter den Testungen. Hier kommt jedoch das ABER: es kann nicht sein, dass man zu den Testungen, gezwungen wird und man jene Personen, welche sich nicht testen lassen, einfach wegsperrt.“

Denn genau so eine Ermächtigung sieht die geplante Novelle vor. Es kann – so die Bestimmung in dieser Form beschlossen wird – nämlich mittels Verordnung bestimmt werden, dass zum Betreten „bestimmter Orte“ nicht nur MNS-Masken getragen werden müssen und Abstandregeln („Babyelefant“) aufgestellt werden, sondern auch darüber hinaus ein aktuelles, negatives Attest vorliegen muss. Das würde im Umkehrschluss bedeuten, dass nichtgetestete Personen im Extremfall nicht mehr – ohne sich der Strafbarkeit auszusetzen – außer Haus dürfen. „Natürlich nur dann, wenn dies in der künftigen Verordnung auch normiert wird“, fügt Hundsmüller hinzu: „Aber wozu hätte die Regierung diese Regelung ins Gesetz mit aufgenommen, wenn sie nicht auch die Absicht hätte diese auch entsprechend zu exekutieren?“ Der SPÖ NÖ-Klubobmann ist zeigt sich skeptisch, dass es der Bundesregierung hier tatsächlich um ein „Freitesten“ geht. Vielmehr vermutet man, dass die hohe Beteiligung – durch die Verpflichtung zur freiwilligen Testung – als persönlicher Erfolg des Bundeskanzlers verkauft werden soll. Diese „Wer Türkis-Grün nicht brav folgt, wird eingesperrt“-Mentalität widerspricht jedoch unserer liberalen und freien Demokratie. Totalitär anmutenden Regelungen wie diesen dürfe in Österreich kein Platz eingeräumt werden. Zumal es sich bei der Androhung einer verordneten Quarantäne um eine unbefristete Regelung handelt, also die immer wieder kolportierte Woche ab dem 18. Jänner eine „wahrscheinlich unbeabsichtigte“ Fehlinformation der Bevölkerung darstellt. „Testen – ja unbedingt. Aber nur freiwillig und nicht unter Androhung von ‚Freiheitsentzug‘“, ärgert Hundsmüller die fehlende Strategie hinter den Maßnahmen, Tests und bezüglich der Impfungen.

Ein weiterer Skandal sei, dass Menschen, die in den vergangenen drei Monaten Covid-positiv getestet wurden und mittlerweile genesen sind, sich vermutlich mit ihrem positiven Befund „ausweisen“ müssen, da diese kein negatives Attest benötigen und ohnehin nicht bekommen würden. „Den Kellner im Beisl um die Ecke geht die Krankenakte der ÖsterreicherInnen genauso wenig an, wie der Verkäuferin im Handyshop“, beschreibt Hundsmüller das klare datenschutzrechtliche Problem. Die SPÖ NÖ ersucht dringend die geplante Novelle zur Einführung von „freiwilligen“ Zwangstestungen abzulehnen und sich nicht mitschuldig zu machen – an unüberlegter, der Demokratie zuwiderlaufender Gesetzgebung.

Dazu kommt, dass die zuletzt – in einem Interview – angekündigte Differenzierung zwischen Gastgewerbebetrieben und etwa Kultureinrichtungen oder Veranstaltungen an Skurrilität nicht zu überbieten. So soll das negative Attest in der Gastwirtschaft eine Woche lang vorgelegt werden können, kontrolliert wird das aber von der Polizei. In der Staatsoper gilt das Attest nur zwei Tage und kontrollieren müssen die Verantwortlichen der Oper. „Das Virus verbreitet sich unter Opernbesuchern offensichtlich schneller“, verlangt diese skurrile Idee Hundsmüller ein sarkastisches Augenzwinkern ab. Die Regierung habe augenscheinlich den Ernst der Lage immer noch nicht erkannt und spiele weiter ihre Spielchen, in der die Schuld am eigenen Unvermögen – seitens des Kanzlers – wahlweise der EU, der Opposition, dem Regierungspartner oder den WienerInnen zugeschoben wird.

Abschließend zeigt sich Klubobmann Hundsmüller sprachlos, was die Impfstoffbeschaffung und die angekündigte Impfpause bis 12.1. anbelangt – das alles werfe massive Fragen auf: „Warum beschafft man in größter Menge genau jenen Impfstoff, der die niedrigste Wirksamkeit aufweist und daher offensichtlich Probleme bei der Zulassung aufweist? Ist die Gesundheit Österreichs der Bundesregierung nur das billigste Mittel wert? Weshalb ist diese Impfpause notwendig, die uns anderen Staaten gegenüber weit zurückwirft?

Es braucht endlich eine Strategie, die uns gesundheitlich, aber auch wirtschaftlich aus der Krise führt. Diese Regierung ist augenscheinlich dazu nicht im Stande – also lassen Sie bitte den ExpertInnen den Vortritt, diese zu entwerfen und den ÖsterreicherInnen näher zu bringen. Das Vertrauen in die türkis-grüne Regierungspolitik ist endgültig erschöpft.“

 

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