Eisenstadt, 27. 4. 2021
Die ÖH-Wahlen befeuern aktuell erneut die Debatte über virtuelle Wahlplattformen. Zwar gibt es so viele Wahlberechtigte wie nie zuvor, dass diese jedoch in Pandemiezeiten den Weg in die Wahllokale antreten, ist zweifelhaft. Die Zuständigen rechnen mit niedriger Wahlbeteiligung. Können virtuelle Wahlplattformen, die über Blockchain abgewickelt werden, hier Abhilfe schaffen? Experten der FH Burgenland sind skeptisch.
Wahlen sind ein zentrales Thema und eines der wichtigsten Werkzeuge in einer demokratischen Welt. In Zeiten zunehmender Digitalisierung vieler Lebensbereiche ist die Frage nach virtuell durchgeführten Walen legitim. Wählen aus dem eigenen Wohnzimmer könnte die Wahlbeteiligung steigern und zu Zeiten der Pandemie für mehr Sicherheit sorgen. Dies trifft auf Präsidentschaftswahlen oder Bundestagswahlen gleichermaßen zu wie auf Volksbefragungen, Abstimmungen in einem Gemeinderat oder die ÖH Wahl 2021.
Technisch möglich, ethisch problematisch
„Blockchains und Smart Contracts als universelles Tool, ‚Trust‘ und Unfälschbarkeit im Netz herzustellen, könnten möglicherweise helfen“, erklärt der IT Security Experte und FH Professor an der FH Burgenland, Robert Matzinger. „Die Blockchain, von der wir alle rund um das Thema Kryptowährungen schon gehört haben, könnte einen Beitrag leisten, um transparente und dezentrale Wahlen abzuwickeln. Es wurden dazu bereits mehrere Wahlsysteme entwickelt und erprobt. Unseren Anforderungen an Anonymität und Sicherheit für das ‚Wählen im Wohnzimmer‘ reichen diese jedoch nicht und ich bin auch wenig zuversichtlich, dass sich das in geraumer Zeit ändern wird.“
Denn, in der Republik Österreich stützen sich Wahlen auf die sogenannten Wahlgrundsätze. Diese dienen dazu, eine Wahl ordnungsgemäß durchzuführen. Allgemein, frei, geheim, gleich, persönlich und unmittelbar – so lauten die Anforderungen, denen es zu entsprechen gilt. Vor allem eine hundertprozentige Anonymität kann die Blockchain nicht gewährleisten, so Matzinger. „In einer üblichen Blockchain sind alle Vorgänge öffentlich sichtbar. Adressen auf der Blockchain sind nicht zu 100% identifizierbar, aber man kann leicht Rückschlüsse ziehen. Nachvollziehbarkeit, Offenheit und Anonymität widersprechen sich.“
Prototyp an FH in Testbetrieb
Matzinger lehrt seit 5 Jahren über Blockchain-Technologien und betreut auch aktuell die Bachelorarbeit von Jürgen Reifbäck zum Thema Blockchain-gestützte elektronische Wahlsysteme. „Ich profitiere sehr von dem hohen Grad an Expertise, das uns an der FH Burgenland in Sachen moderner Technologien vermittelt wird“, so der Student des Bachelorstudiengangs IT Infrastruktur-Management. Reifbäck arbeitet aktuell an einem Prototypen für ein Auszählungssystem von Wähler*innenstimmen über Blockchain. Wahllokale könnten somit die ausgezählten Stimmen online auf die Blockchain speisen. „Wählen würden wir so wie bisher durchgeführt, aber ab dem Zeitpunkt des Hochladens der Ergebnisse wäre dann keine Manipulation mehr möglich“, erklärt Reifbäck. Die Testversion läuft, erste Erkenntnisse zu Kosteneffizienz und technischer Umsetzbarkeit erwartet er für Juni diesen Jahres.