Eisenstadt, 24. 2. 2023
Randvoll war der Veranstaltungssaal im Hotel Ohr in Eisenstadt bei der Fachtagung des GRÜNEN Landtagsklub „Neusiedler See – eine Region im Wandel. An die 130 direkt oder indirekt von der Trockenheit Betroffene nehmen die Gelegenheit war, und diskutierten mit Expertinnen und Experten. „Das ist eine echte Krisensituation, in der wir gerade sind. Sei es für die Freizeit, für den Tourismus oder die Landwirtschaft und für alle Menschen, die hier leben und diesen Naturraum lieben. Wir haben gesehen, mit dieser Krise muss man arbeiten, man muss die Herausforderungen wahrnehmen. Daher wollten wir einmal all die verschiedenen Interessen zusammenbringen“, freut sich die GRÜNE Klubobfrau Regina Petrik über das große Interesse.
Georg Wolfram, Autor des Hydrologischen Gutachtens für die Landesregierung, hält nach wie vor eine geringe Zuleitung von Fremdwasser in den See für ökologisch zulässig, schränkt aber gleich die Erwartungen daran zurück: „Eine Wasserzuführung alleine kann den See nicht retten, das muss man ganz offen sagen. Aber in Trockenphasen, wie wir sie aktuell haben, da kann eine Dotierung bei niedrigen Wasserständen zumindest helfen, einen Restsee als Landschaftselement zu erhalten“. Wolfram spricht von einer Menge, wie sie derzeit auch von der Wulka in den See gebracht wird.
Ganz anders sieht das Bernhard Kohler vom WWF: „Es handelt sich um einen Steppensee, der sein Wasser hauptsächlich durch Niederschläge erhält. Man darf den See nicht weiter denaturieren – wie das etwa mit dem Einserkanal schon geschehen ist. Man muss ihn renaturieren und verloren gegangenes wiederherstellen. Man muss dem See die Möglichkeit geben, seine natürlichen Schwankungen wiederauszuleben. Dann bleibt er über Jahrtausende erhalten – selbst im Klimawandel“.
Ähnlich argumentiert auch Elke Schmelzer vom Naturschutzbund, die seit 25 Jahren Naturvermittlung im Seewinkel betreibt. „Wenn man sich die Chroniken, die Geschichte des Sees anschaut, dann gab es alles zwischen extremen Hochwassern bis zum kompletten Verschwinden. Das gehört einfach zur Geschichte des Neusiedler Sees. Wir brauchen also neue Konzepte, wie man in der Trockenphase neue Wege gehen kann“.
Wasserbewirtschaftung wie am Mittelmeer
Einig sind sich praktisch alle, was das vorhandene Wasser betrifft: Jeder Tropfen Niederschlag müsse in der Region gehalten werden, erklärt etwa der Seewinkler Winzer Josef Umathum. Dafür brauche es neue, wassersparende Kulturen und ein angepasstes Bewässerungssystem. Bernhard Kohler spricht in diesem Zusammenhang von einer Mittelmeer-Wasserbewirtschaftung, wo Trockenphasen schon lange normal sind. Zusätzlich müssten aber auch wieder mehr Überschwemmungsgebiete geschaffen werden. „Man muss jene mittlerweile zerstörten Feuchtlebensräume großteils wiederherstellen, damit sich dort das Wasser sammeln kann“.
Hydrologe Wolfram plädiert für eine gesetzliche Änderung für Hochwassersituationen. „Derzeit lautet die zwischen Österreich und Ungarn abgestimmte Regelung, dass ab einem gewissen Wasserstand Wasser abgeleitet wird – und das fehlt uns später. Also verstehe ich auch diese Forderung, die Grenzwasserstände vielleicht ein bisschen anzuheben, um das Wasser noch ein bisschen länger im See halten zu können“.
Nächste Schritte
Bei dieser Auftaktveranstaltung konnten sich auch die vielen unterschiedlich Betroffenen miteinander austauschen und vernetzen. „Es ist wichtig, gerade auch bei einem so emotionalen Thema, alle Interessen anzuhören und in eine Gesamtstrategie für den Wandel in der gesamten Region einzubeziehen. Das darf nicht von oben herab verordnet werden“, so Petrik abschließend. Weitergehen wird es mit einem Podcast, in dem Betroffene und Expert*innen zu Wort sprechen. Zum Thema „Neusiedler See – eine Region im Wandel“ wird es darüber hinaus weitere Veranstaltungen geben.