Bundesregierung: Amtsgeheimnis als Wahlkampf-Inszenierung

Mit schnellen Schlagzeilen für die Wähler im Wahlkampfjahr 2024 wie „Regierung schafft Amtsgeheimnis ab“ versucht die Bundesregierung zu punkten. Die Wahrheit; in Kraft treten sollen die neuen Bestimmungen zur „Abschaffung des Amtsgeheimnisses“ erst am 1. September 2025 lange nach den Nationalratswahlen. Dass zwischen dem Zeitpunkt der Kundmachung des Gesetzes und dessen Inkrafttreten voraussichtlich rund 18 Monate liegen werden, wird mit den notwendigen Vorbereitungsarbeiten begründet. So müssen etwa einige Gesetze adaptiert, Leitfäden erstellt, Mitarbeiter geschult und technische Vorkehrungen für die Einrichtung des Informationsregisters getroffen werden. Umfasst von der proaktiven Veröffentlichungspflicht werden nur neue Informationen sein, ältere Dokumente müssen nicht bereitgestellt werden.

Foto: Verfassungsausschuss – Hearing Informationsfreiheit

Bild ID: 20119079 Aufnahmedatum: 15.01.2024 Copyright: Parlamentsdirektion/Thomas Topf

Auskünfte werden unter anderem dann verweigert werden können, wenn die öffentliche Sicherheit durch die Informationserteilung in Gefahr geraten könnte. Dies bedeutet wohl wenig Auskunftsfreude aus den beiden Sicherheitsministerien BMLV/BMI und ihren Nachrichtendiensten.

Auskünfte werden unter anderem dann verweigert werden können, wenn ein erheblicher finanzieller Schaden droht. Wirtschaftliche Interessen, Patente, Geschäftsgeheimnisse, Verträge. Somit wird es tausende Fälle geben, wo es aus „geschäftlicher“ Sicht keine Auskunft geben wird.

Auskünfte werden unter anderem dann verweigert werden können, wenn eine Entscheidung erst in Vorbereitung ist oder Interessen Dritter schwerer wiegen als das öffentliche Informationsinteresse. Ein volle Bandbreite für Auskunftsverweigerungen.

Auskünfte werden unter anderem dann verweigert werden können, wenn Anfragen zeitraubend und offensichtlich mutwillig gestellt werden.

Auskünfte werden unter anderem dann verweigert werden können, wenn zwingende integrations- oder außenpolitische Gründe dies erfordern.

Auskünfte werden unter anderem dann verweigert werden können, wenn Dokumenten der Vorbereitung einer Entscheidung dienen.

Auskünfte werden unter anderem dann verweigert werden können, wenn Rechte Dritter zu berücksichtigen sind, wobei im Gesetz zum Beispiel Betriebsgeheimnisse, Urheberrechte, die Wahrung des Redaktionsgeheimnisses und das Recht auf Datenschutz angeführt werden.

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Kritik am Gesetz kam von FPÖ und NEOS. Zwar begrüßten auch sie die Abschaffung des Amtsgeheimnisses, sehen aber einige Mängel. So bedauerten sowohl FPÖ-Abgeordneter Harald Stefan als auch NEOS-Abgeordneter Nikolaus Scherak, dass Gemeinden unter 5.000 Einwohner von der proaktiven Veröffentlichungspflicht ausgenommen werden. Damit würden Bürger zweiter Klasse geschaffen, monierten sie. Laut Scherak lauern im Paket außerdem noch andere „Fallstricke“, die dazu führen könnten, dass es Jahre dauern werde, bis das Recht auf Information tatsächlich in der Realität ankommt.

Anwendungsnachrang des Informationsfreiheitsgesetzes gegenüber einfachen Landes- und Bundesgesetzen

Als „unfassbar“ wertete Scherak darüber hinaus den vorgesehenen Anwendungsnachrang des Informationsfreiheitsgesetzes gegenüber einfachen Landes- und Bundesgesetzen. Er griff damit Kritik von Experten auf, die auch beim vergangene Woche durchgeführten Hearing im Verfassungsausschuss geäußert worden waren. Durch höchstgerichtliche Judikatur werde das zwar möglicherweise „über die Jahre aufgelöst“, setzt er auf den Verfassungsgerichtshof, seiner Meinung nach wäre es aber zielführender gewesen, dieser Problematik gleich zu begegnen.

Gemeinden unter 5000 Einwohner von proaktiver Informationspflicht ausgenommen

Auch Harald Stefan (FPÖ) hat kein Verständnis dafür, dass Gemeinden unter 5.000 Einwohner:innen nicht von der proaktiven Informationspflicht umfasst sein werden. Das sei sogar ein Rückschritt gegenüber dem Status quo, da Studien und Gutachten bereits nach der derzeitigen Rechtslage zu veröffentlichen seien, erklärte er. Auch weitere Punkte tun der FPÖ ihm zufolge „weh“, etwa der Umstand, dass die im ursprünglichen Ministerialentwurf verankerte Cooling-Off-Phase für Verfassungsrichter:innen wieder aus dem Paket hinausgefallen ist. Ebenso vermisst er eine Ausweitung der Prüfkompetenz des Rechnungshofs auf staatsnahe Unternehmen mit zumindest 25 % staatlicher Beteiligung. Die Ablehnung des Entschließungsantrags zu den Folgekosten begründete Stefan damit, dass Entschließungsanträge grundsätzlich mit Ende der Legislaturperiode hinfällig seien und der Antrag daher sinnlos sei.

Überdies wird nun in den Erläuterungen ausdrücklich festgehalten, dass Behörden den Verwaltungsgerichten im Beschwerdefall Einsicht in jene Unterlagen und Akten gewähren müssen, deren Herausgabe sie gegenüber einer Auskunft begehrenden Person verweigert haben, sofern das Verwaltungsgericht die betreffenden Informationen für seine Entscheidung benötigt. Ebenso wurde klargestellt, dass der Ausnahmetatbestand „Vorbereitung einer Entscheidung“ auch laufende Steuerverfahren schützt sowie der Inhalt von Syndikatsverträgen und konkrete unternehmerische Veranlagungsstrategien in der Regel unter den Tatbestand des Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses fallen.

Beratung und Unterstützung durch die Datenschutzbehörde

Beraten und unterstützt werden sollen die vom Informationsfreiheitsgesetz betroffenen Stellen und Unternehmen durch die Datenschutzbehörde. Diese soll laut Gesetzentwurf Leitfäden und Fortbildungsangebote bereitstellen. Zudem soll sie das Gesetz begleitend evaluieren.

Umstrittene Öffnungsklausel

Nicht notwendig wird es sein, Informationen die bereits in anderen gesetzlich vorgesehenen Datenbanken aufscheinen, nochmals zu veröffentlichen. Laut Erläuterungen betrifft das etwa das Rechtsinformationssystem des Bundes, die Transparenzdatenbank, vergaberechtliche Veröffentlichungsverpflichtungen oder das Firmenbuch.

Außerdem bleiben bereichsspezifische gesetzliche Informationszugangsregeln unberührt. Als Beispiele werden in den Erläuterungen etwa der Zugang zu Umweltinformationen und Geodaten, der Zugang zu Archivbeständen, verfahrensrechtliche Geheimhaltungspflichten im Steuerrecht und Verschwiegenheitsbestimmungen im Kinder- und Jugendhilferecht genannt.

Experten sehen die Gefahr, dass diese – sehr allgemein formulierte – Öffnungsklausel missbräuchlich verwendet werden könnte, um das Informationsfreiheitsgesetz in weiten Bereichen auszuhebeln. So würde es diese in §16 des Informationsfreiheitsgesetzes verankerte Bestimmung ihnen zufolge beispielsweise ermöglichen, in Bauordnungen längere Auskunftsfristen oder eine Gebührenpflicht für Auskünfte zu verankern, wie ein Vertreter vom Forum Informationsfreiheit beim Hearing im Verfassungsausschuss vergangene Woche monierte. Ebenso werden von Seiten der NGOs langwierige Verfahren beim Verfassungsgerichtshof befürchtet, wenn spezifische Materiengesetze der Länder oder des Bundes Auskunftsrechte durch verfassungswidrige Bestimmungen einschränken.

Quellen:

https://bkftv.at/2021/03/21/bundesregierung-wird-das-amtsgeheimnis-wirklich-abgeschafft/

https://www.parlament.gv.at/aktuelles/pk/jahr_2024/pk0068

https://www.parlament.gv.at/aktuelles/news/in-einfacher-sprache/Das-Amtsgeheimnis-gibt-es-bald-nicht-mehr/

Für alle Firmen, Institutionen, Personen und überhaupt „Jeden und „Alles“ gilt die Unschuldsvermutung. (hu) ++ende++


Herbert Unger – freier Journalist bei bkftv.at
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