Erinnerungsbrief: Digitale „staatliche Rasterfahnung“ oder Bürgerservice?

Die Anordnung einer digitalen automatisierten „staatlichen Rasterfahnung“ nach Menschen mit unvollständiger Grundimmunisierung erfolgt im Auftrag des Grünen Gesundheitsministers? Die Grundlagen dafür sind im aktuellen 195. Bundesgesetz und in der Änderung des Epidemiegesetzes mit 6.12.2022 zu finden. Die türkisgrüne Bundesregierung verfolgt damit den Zweck eines „Erinnerungsschreibens mit der Empfehlung zur Vervollständigung der Grundimmunisierung gegen Covid19″. Bei der Abstimmung im Gesundheitsausschuss wurde der Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit (dafür: V, G, dagegen: S, F, N) beschlossen.

„Gefahndet“ wird in den staatlichen personenbezogenen Registern von 9 Millionen Österreichern über das bereichsspezifische Personenkennzeichen Gesundheit (bPK-GH). Zum identifizierten Namen wird auch die Wohnadresse aus dem Melderegister ermittelt. Die „Zielfahndung“ welche den Zweck das Impferinnerungsschreiben begründet läuft über die staatlichen Impfzertifikate der Österreicher, welche durch das Gesundheitsministerium samt Zugriff an die ELGA GmbH übermittelt werden. Übrigens ein Register, aus dem es für die Österreicher kein „Optout“ gibt.

Nach wem fahndet diese staatliche, digitale Rasterfahndung?

Nach Personen denen die Vervollständigung der Grundimmunisierung empfohlen wird. Dies ist die Verabreichung einer weiteren Dosis nach Abschluss der ersten Impfserie zur Verfollständigung des Impfschutzes gegen Covid19. Es entsteht somit eine rießige Datensammlung über österreichische Staatsbürger denen auf Grundlage des staatlichen Impfregisters aktuell die Grundimmunisierung feht. Wo liegt diese Datenbank? Im Bereich des Gesundheitsministerium, der ELGA GmbH, im Impfregister, im Bundesrechenzentrum oder gar bei einem exterenen Dienstleister. Datenschützer von epicenter.works und die SPÖ bemängelten bereits bei der Abwicklung des Klimabonus die Weitergabe von Staatsdaten. Konkret ging es darum, dass diese teils über ein Privatunternehmen erfolgte. Im Klimaschutzministerium betonte man, dass die Programmierfabrik GmbH seit Jahren ein Rahmenvertragspartner der Bundesbeschaffungsgesellschaft sei. Die Programmierfabrik hat bis jetzt 51 Aufträge über das BRZ (Bundesrechenzentrum) erhalten. https://offenevergaben.at/lieferanten/14704

Über eine Million Ungeimpfte bekamen Ende 2021 per Post einen konkreten Impftermin zugeschickt. Das Ergebnis: ernüchternd.

Wem wird eine Vervollständigung der Grundimmunisierung („3. Impfung“) empfohlen?

Allen Personen ab 5 Jahren wird empfohlen, sich ab 6 Monaten nach ihrer ersten Impfserie eine 3. Impfung verabreichen zu lassen. Bitte beachten Sie, dass Kinder unter 14 Jahren zu Ihrer Impfung in Begleitung einer obsorgeberechtigten Person kommen müssen. Ein Unterschreiten des Intervalls zwischen 2. und 3. Impfung kann auf Wunsch, bei medizinischer Indikation oder epidemiologischen Anlässen (z.B. Reisen in Hochinzidenz-Gebiete) etc. ab 4 Monaten nach der 2. Impfung nach entsprechender Aufklärung und Dokumentation erfolgen (off-label). Bitte beachten Sie, dass die Verantwortung und Letztentscheidung über die Verabreichung der 3. Impfung, besonders wenn diese vor 4 Monaten nach der ersten Impfserie verabreicht werden soll, bei der behandelnden Ärztin / dem behandelnden Arzt liegt.

Bitte beachten Sie, dass nach Abschluss der Grundimmunisierung eine Auffrischungsimpfung (4. Impfung) für Personen ab 12 Jahren empfohlen ist.

Was ist eigentlich eine Rasterfahndung?

Die Rasterfahndung ist ein Verfahren der Massendatenverarbeitung, bei dem automatisiert Informationen aus Fremddatenbeständen mit anderen Datenbeständen abgeglichen werden, um bestimmte Personen zu ermitteln.

Was versteht man unter Profiling im Sinne der DSGVO?

Nach Artikel 4 Nr. 4 DSGVO ist Profiling jede Art der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten, um auf dessen Grundlage bestimmte persönliche Aspekte zu bewerten.

Wann ist eine Datenschutz-Folgenabschätzung durchzuführen?

Die DSGVO bestimmt, dass eine Datenschutz-Folgenabschätzung insbesondere dann zu erfolgen hat, wenn etwa neue Technologien verwendet werden oder aufgrund der Art, des Umfangs, der Umstände und der Zwecke der Verarbeitung voraussichtlich ein hohes Risiko für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen besteht.

Gibt es in Österreich eine Impfpflicht?

Parlamentskorrespondenz Nr. 843 vom 07.07.2022. Nur fünf Monate nach dem Inkrafttreten des COVID-19-Impfpflichtgesetzes ist es nun wieder Geschichte. Der Nationalrat hat die Aufhebung des Gesetzes und zugehöriger Verordnungen heute einstimmig beschlossen.

Sitzplan des Nationalrates mit erweitertem Abstand im Plenum und auf der Besuchergalerie

Nationalrat: Rechtliche Grundlage für Versand von Erinnerungsschreiben für COVID-19-Impfungen beschlossen. Heftige Kritik kommt von der Opposition (NEOS, FPÖ, SPÖ)

Seine Fraktion werde der Novelle nicht zustimmen, kündigte Mario Lindner (SPÖ) an, der von einer „dilettantischen und sinnlosen Hauruck-Aktion“ sprach. Er frage sich, was es bringen soll, bereits Kindern ab fünf Jahren eingeschriebene Briefe zu schicken und sie an die COVID-Impfung zu erinnern. Außerdem gehen die Änderungen darauf zurück, dass zahlreiche Datenschutzexpert:innen Kritik an der Umsetzung des Vorhabens geübt haben, gab er zu bedenken.
Es sei nicht Aufgabe des Ministers, an Impfungen zu erinnern, sondern jene der Sozialversicherungen, argumentierte Gerhard Kaniak (FPÖ). Generell übte er Kritik an den vielen Einzelmaßnahmen, die endlich durch ein neues Epidemiegesetz ersetzt werden sollten. Die Schreiben würden zudem viel zu viel kosten; dieses Geld könnte man sich sparen und etwa für die Gesundheitsprävention einsetzen. Abgeordneter Gerald Hauser (FPÖ) übte vor allem Kritik am Informations-Folder zur Corona-Schutzimpfung, in dem behauptet werde, dass kein COVID-19-Impfstoff eine Erkrankung auslösen könne. Das sei nachweislich falsch, urteilte Hauser. Laut seinen Informationen wurden bis dato schon 26.703 Todesfälle, die in zeitlicher Nähe zur Impfung eingetreten seien, an die Europäische Arzneimittelbehörde gemeldet.

NEOS-Abgeordnete Fiona Fiedler sah keine Notwendigkeit für den Versand von Erinnerungsbriefen, da sie hohe Kosten verursachen und zudem nur wenig Wirkung zeigen würden. Die Schreiben werden genauso wenig helfen wie die einst geplante Impflotterie, prognostizierte sie. Dabei handle es sich nur um „sinnlose PR-Maßnahmen“.

Weiterführende Fachartikel des Autors zum Themenbereich:

https://bkftv.at/2020/12/22/covid19-screeningprogramm-eine-staatliche-rasterfandung/

3G-Zertifikate Grüner Pass : Hintergründe zur neuen Portalverbundanwendung BRZ „EPI“

ID-Austria kommt mit Verspätung und alle sind überrascht?

Quellen zum neuen Gesetzesentwurf der die Grundlage für die digitale Rasterfahndung zu den Erinnerungsschreiben bildet:

https://www.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2022/PK1306/#XXVII_NRSITZ_00185

https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/I/I_01785/fnameorig_1480391.html

Weitere Quellen zum Artikel:

https://www.derstandard.at/story/2000139181115/datenschuetzer-und-spoe-kritisieren-abwicklung-des-klimabonus

tps://offenevergaben.at/lieferanten/14704

https://www.profil.at/oesterreich/brief-mit-termin-fuer-ungeimpfte-war-ein-flop/401889134

https://www.sozialministerium.at/Corona/allgemeine-informationen/corona-schutzimpfung.html

Startfoto: pixabay.com

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Herbert Unger – freier Journalist bei bkftv.at
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