Gaas, 19. 7. 2023
Erntebilanz 2023: Die Aussichten der heurigen Getreideernte liegen im 20-jährigen Durchschnitt. Aber Preisverfall am heimischen Markt sorgt für getrübte Stimmung bei den Landwirten und Landwirtinnen
Auf Einladung der Burgenländischen Landwirtschaftskammer findet jedes Jahr mit Vertretern des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, der Agrarmarkt Austria, Regionen und Wasserwirtschaft, der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit, Bio Austria Burgenland, der Lagerhäuser, der RWA Raiffeisen Ware Austria AG und der Land- und Forstbetriebe Österreichs das Erntegespräch statt. Gemeinsam wurden die bisherigen Ernteergebnisse analysiert und die heurigen Ernteerwartungen sowie Herausforderungen im Ackerbau für das Burgenland und auch Österreich diskutiert.
„Generell hat im Burgenland die Winterfeuchtigkeit gefehlt. Einige Ackerkulturen konnten sich auch durch die hohen Niederschlagsmengen Mitte April, Mitte Mai und Anfang Juni nicht mehr so gut entwickeln. Für andere Kulturen kam – nach dem trockenen Winter und Frühlingbeginn – der erhoffte Regen noch rechtzeitig und reichlich. Auf das gesamte Burgenland bezogen erwarten wir eine durchschnittliche Ernte mit einer regional sehr unterschiedlichen Qualität. Während beim Raps, der anfangs gut ausgesehen hat, die Erträge in vielen Regionen – wie auch dem Mittelburgenland – enttäuschend sind, ist im Bezirk Neusiedl, wo die Getreideernte bereits abgeschlossen ist, die Qualität des Weizens gut“, berichtet DI Nikolaus Berlakovich, Präsident der Burgenländischen Landwirtschaftskammer bei einem gemeinsamen Pressegespräch mit LK-Vize-Präsident Ing. Werner Falb-Meixner und Obmann des Lagerhaus-Süd, Bürgermeister von Eberau und Kammerrat ÖkR Johann Weber im Weingut Grosz in Gaas.
Trotz Rückgang bei Getreidefläche im Burgenland mehr Getreide-Erträge
Im Burgenland werden aktuell 56.600 Hektar Getreide bewirtschaftet. Der gesamte Getreideanbau ist im Vergleich zum letzten Jahr um rund 3,8 Prozent (rund 2.240 ha) zurückgegangen. „Flächenverluste gab es vor allem beim Sommergetreide von minus 29 Prozent. Beim Wintergetreide wurden 2022 um 2 Prozent weniger ausgesät. Auch Soja (-10 Prozent) und Raps (-11,6 Prozent) mussten Flächenverluste hinnehmen. Die Getreideflächen sind insgesamt leicht rückläufig, vor allem Winterweizen und Dinkel wurde deutlich weniger angebaut. Das restliche Getreide wie Sonnenblumen, Körnererbsen und Hirse verzeichnete leichte Flächenzuwächse. Während die Zuckerrübenflächen ebenfalls leicht gestiegen sind, ging die Ölkürbisfläche zurück. Die Biodiversitätsflächen nahmen aber deutlich zu. Trotz geringerer Fläche liegt die Ernteerwartung für das Burgenland bei rund 290.000t Getreide. Die Erwartungen liegen mengenmäßig somit über der Ernte des Vorjahres mit rund 277.000t “, berichtet Berlakovich und ergänzt, dass die Prognosen über dem 5-jährigen Durchschnitt liegen und dem 20-jährigen Durchschnitt der Getreideernte entspricht.
Sojabohne im Bio-Anbau auf Nummer 1
Nach jahrelangen Zuwächsen hat sich die Sojabohnenfläche bei 25.300 ha im Burgenland eingependelt, bleibt aber nach wie vor die flächenmäßig zweitwichtigste Kultur. „Im Bio-Anbau ist die Sojabohne schon seit mehreren Jahren die Nummer 1. Im Burgenland wird mehr als die Hälfte der Sojaanbaufläche – 12.900 ha – biologisch bewirtschaftet“, so Berlakovich.
Anzahl der Bio-Betriebe im Burgenland gestiegen
Mit dem Start des neuen ÖPUL-Programmes ist die Anzahl der Biobetriebe im Burgenland wieder gestiegen. 1158 burgenländische Betriebe nehmen heuer an der ÖPUL Bio Maßnahme teil. „Das sind im Vergleich zum Vorjahr rund 100 Betriebe mehr, die sich für eine biologische Landwirtschaft entschieden haben. In Relation zur Gesamtfläche beträgt somit der Bio-Anteil im Burgenland 37 Prozent an der Landwirtschaftlichen Nutzfläche, sowie 39 Prozent an der Ackerfläche, das sind 5 Prozent mehr als im Vorjahr“, hebt Berlakovich hervor. Als mögliche Motive für einen Einstieg in die Biologische Wirtschaftsweise sieht Berlakovich die hohe Nachfrage nach Bio-Produkten und dass das Ertragspotenzial durch mangelnde Niederschläge im Trockengebiet begrenzt ist und ein höherer Betriebsmitteleinsatz keine Ertragssteigerungen bewirkt. „Weitere Motive für die Umstellung auf biologische Wirtschaftsweise sind Betriebsübernahmen durch die jüngere Folgegeneration. Hier ist die persönliche Überzeugung eine Triebfeder. Auch der Wegfall der Tierhaltung am Betrieb führt vermehrt zu einem Bio-Umstieg, vor allem, wenn im Ackerbau bereits biologische Teilbetriebslösungen vorhanden waren“ so Berlakovich und hebt hier die wichtige Rolle der Landwirtschaftskammer hervor, die die Betriebe beim Umstieg auf eine biologische Wirtschaftsweise berät und sie bei der Kulturen- und Sortenwahl unterstützt, um möglichst ressourcenschonend und effizient zu wirtschaften.
Zuerst zu wenig Niederschlag, dann wieder zu viel
Sehr trockene Verhältnisse prägten den Herbstanbau, so wie das ganze Jahr 2022, das viel zu trocken war. In Summe fehlten 2022 im gesamten Burgenland 20 bis 30 Prozent Niederschlag zum langjährigen Durchschnitt. Im Laufe des Frühlings 2023 ging die schon einige Monate anhaltende Trockenheit zu Ende. Eine Serie von Tiefdruckgebieten brachte im Großteil Österreichs sogar sehr große Niederschlagsmengen. Damit liegt die Niederschlagsmenge im Frühling 2023 in der österreichweiten Auswertung 25 Prozent über dem Mittel. „Das war der nasseste Frühling seit dem Jahr 2006 und einer der 15 nassesten der Messgeschichte. Die Regenfälle im April und Mai waren wichtig aber regional schon wieder zu viel auf einmal. Bei gleichzeitig kühlen Temperaturen gab es Probleme im Auflauf- und Jugendstadium einiger Kulturen wie Ölkürbis und Zuckerrübe. Bei wüchsiger Witterung im Mai und Juni entwickelten sich die Kulturen dann aber Großteils zufriedenstellend. Die Hitzewelle vor/zu Erntebeginn und auch jetzt bewirkte ein rasches Abreifen der ersten Druschkulturen, was sich in weiterer Folge in einem raschen Erntefortschritt niederschlägt“, berichtet Vizepräsident Falb-Meixner.
Schäden bei Ölkürbis und Zuckerrüben
Im Burgenland werden auf rund 1.500 Hektar Ölkürbisse angebaut. Aufgrund fehlender Beizmittel, die durch eine EU-Verordnung verboten wurden – und durch die nassen und kalten Witterungsbedingungen zum klassischen Anbautermin, kam es beim Ölkürbis zu einer geschädigten Fläche von rund 500 Hektar. „Trotz eines Wiederanbaus gibt es einen geschätzten Flächenabgang von zirka 200 bis 300 Hektar“ so Falb-Meixner. Einen ähnlichen Flächenrückgang gibt es bei der Zuckerrübe. „Bei den Zuckerrüben gab es im Rahmen der Sonderrichtlinie-Zuckerrübe heuer die Möglichkeit, Pheromon-Fallen auf den Feldern auszulegen. Da im Burgenland der Rüsselkäfer nur kleinregional gewütet hat, ist der Flächenabgang von Zuckerrüben noch vergleichsweise gering. Auch hier rechnen wir mit 100 bis 200 Hektar, auf denen nicht mehr Zuckerrüben angebaut wurden“, erklärt der Vizepräsident der Bgld. Landwirtschaftskammer Falb-Meixner.
Preis für Getreide weniger als im Vorjahr, aber mit Hoffnung auf Steigerung
Aber auch wenn die Ernteprognosen besser sind, als im Vorjahr, trübt ein Faktor erheblich die Stimmung. „Der Getreideerzeugerpreis von rund 373 Euro je Tonne (exkl. USt.) im Vorjahr war eine positive Ausnahme. Momentan liegt der Preis für Qualitätsweizen rund 100 Euro je Tonne weniger als im Vorjahr. Wir hoffen, dass sich hier noch auf den Getreidebörsen einiges tut und wir noch mit höheren Preisen für das Getreide rechnen können, denn die Preise für Betriebsmittel sind leider nicht gesunken“, so der Obmann des Lagerhaus-Süd Johann Weber und spielt auf das kürzlich beendete Getreideabkommen von ukrainischen Getreideexporten über das Schwarze Meer an.